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Antwort
von
Rechtsanwalt
Sehr geehrte xxx,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung beantworten möchte:
Was für Folgen kann das für uns haben?
Zunächst hat die von Ihnen versandte E-Mail NICHT zur Folge, dass Sie zum Kauf der Immobilie verpflichtet wären. Gemäß § 311b BGB sind Kaufverträge über Immobilien zwingend notariell zu beurkunden. Der Verkäufer wollte, dass Sie sich erstens verbindlich verpflichten das Grundstück abzunehmen und zweitens den Preis festschreiben. Solche Vorverträge gibt es durchaus. Sie müssen aber ebenso zwingend notariell beurkundet werden wie der eigentliche Grundstückskaufvertrag. Wäre dem nicht so, so würde das gesetzliche Formerfordernis für den Grundstückskauf ausgehöhlt. Das aber ist nicht gewollt.
Sehr unwarscheinlich, aber nicht völlig auszuschließen ist, dass dem Verkäufer hier gewisse Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zustehen.
Gemäß § 311 BGB kann es Schadenersatzansprüche geben, sofern Sie im Zuge der Vertragsverhandlungen zurechenbar den Eindruck erwecken, das Grundstück auf jeden Fall abnehmen zu wollen. Allerdings "beißt" sich diese Lehre mit dem Grundsatz, dass man bei formbedürftigen Rechtsgeschäften nicht (auch nicht mittelbar!) vorab zum Vertragsabschluss gezwungen sein soll. Die Rechtsprechung billigt demzufolge Schadenersatz wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen nur dann zu, wenn der "abbrechende" Vertragsteil die Pflichten zum redlichen Verhalten grob verletzt. In der Regel wäre vorsätzliches Verhalten erforderlich. In Ihrer Konstellation müssten Sie also die E-Mail gesandt haben, obwohl Sie schon wussten, dass Sie die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund (d.h. grundlos oder aus sachfremden Erwägungen) abbrechen wollen.
Das haben Sie aber gerade nicht: Der Verkäufer hat hier versucht, eine gewisse Druckkulisse aufzubauen und den Abschluss zu diesem Preis so abzusichern. Es ist ihr gutes Recht, wenn Ihnen zuhause beim Durchdenken des Geschäfts Zweifel kommen, vom Vertragsabschluss doch noch Abstand zu nehmen. Das Erfordernis der notariellen Beurkundung soll nämlich gerade zur Warnung und zur Besinnung dienen. Der Verkäufer hätte in diesem Fall seine Aufwendungen auf eigenes Risiko gemacht und bekäme nichts.
Insofern sollte die Marschroute für Sie folgende sein: Teilen Sie dem Verkäufer zeitnah mit, dass sie das Grundstück nicht kaufen wollen. Tun Sie dies unter Angabe von Gründen, welche mit dem Kauf in sachlichem Zusammenhang stehen. Ansprüche sollte der Verkäufer in dieser Konstellation dann nicht haben.
Nur der Vollständigkeit halber noch folgendes: Der Verkäufer müsste, wenn er denn Ansprüche hätte, diese nachvollziehbar darlegen und beweisen. Schadenersatz gäbe es beispielsweise gerade nicht, wenn mit Ihnen ein überhöhter Preis vereinbart wäre, im Nachhinein mit einen anderen Käufer allerdings zu einem angemessenen Preis abgeschlossen würde. Zudem können und sollten Sie durch zeitnahe Benachrichtigung des Verkäufers natürlich eventuellen Ansprüchen den Boden entziehen.
Abschließend weise ich darauf hin dass zusätzliche Angaben zum Sachverhalt die rechtliche Bewertung u.U. völlig ändern können. Falls in der Sache weiterer Beratungsbedarf bestehen, können sie mich gerne kontaktieren. Die räumliche Entfernung spielt insofern keine Rolle.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
xxx
Rechtsanwalt
Zusammenfassung: Vorverträge über einen Grundstückskauf bedürfen gemäß § 311b BGB der notariellen Beurkundung. Bei Abbruch der Vertragsverhandlungen trotz formnichtigem Vorvertrag sind Schadensersatzansprüche nur im Ausnahmefall, i.d.R. bei vorsätzlicher Schädigung der Gegenseite, denkbar.
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